Der Drache geht, die Mühle bleibt!
Unter diesem Motto werden wir, die Familie Schembritzki unser Umweltprojekt „Naturinsel Drachenmühle“ in diesem Monat beenden. Es war eine wunderbare und magische Zeit, in der wir alles, was wir erreichen wollten und konnten auch realisiert haben. Das Loslassen von der Naturinsel fällt uns somit nicht leicht, ist aber aufgrund verschiedener Prozesse in der Vergangenheit nötig geworden. Wir stehen, aufgrund eines zweiten Grundstückeigentümers, der das Projekt 2009 verließ, nicht alleine im Grundbuch. Die Bemühungen, unsererseits, in den letzten vier Jahre einen Konsens zu erreichen waren leider nicht erfolgreich. Unter Anderem scheiterte aufgrund dessen eine Förderung zum Neubau der Scheune kurz vor der Durchführung. Wegen diesen unlösbaren Eigentumsdifferenzen kommt es am 6.1.2014 in Leipzig zur Zwangsversteigerung in Folge eines von unserer Seite freiwillig abgebrochenen Mietkaufes. Interessenten können sich wegen Details gerne mit uns per E-mail in Verbindung setzen. Die Internetseiten werden als Erinnerung im Netz bleiben. Des weiteren suchen noch die Wollschweine, ein Solarkocher, Schubkarren, etc. neue Besitzer.
Rückblick auf zehn zauberhafte Jahre „Naturinsel Drachenmühle“
Am Rande eines Naturschutzgebietes, eingebettet in Wiesen, Auenwald und die alten Mühlbäche liegt die ehemalige kulturhistorische und denkmalgeschützte Wassermühle. Zu dem Anwesen gehören mit Wohnhaus, Mühlenhaus, Kornspeicher, Scheune, Back- und Hühnerhaus. Für den Namen des Projektes wurde „Naturinsel Drachenmühle“ gewählt, da Drachen in der alten Mythologie die Hüter von großen Schätzen sind. Da der Menschheit größter Schatz die Erde ist, wählten wir den Drachen symbolisch zum Schutz der Natur und des heimischen Ökosystems. Das Grundkonzept dieses Projektes war, entgegen dem Trend des hektischen, Zeit- und Konsumorientierten Lebensstiles, stärker in Verbindung mit Mutter Erde zu leben. Es ging um die Entwicklung der verschiedenen Aspekte eines nachhaltigen Lebenskonzeptes auf der Basis von lokalen Ressourcen und Standortfaktoren. Grundsätzlich haben wir versucht mit sowohl finanziell als auch technisch geringst möglichem Aufwand zu arbeiten. Ein wichtiger Aspekt war auch, diesen Lebensstil mit daran interessierten Personen zu teilen. In zahlreichen Seminaren, Workshops und Projekten konnten wir unser zum größten Teil autodidaktisch erlerntes, aber auch durch Fach-Literatur erworbenes Wissen und die Erfahrungen weitergeben.
Hier ein paar Beispiele unserer zahlreichen Projekte:
- Bildung für nachhaltige Entwicklung: Kinder von über 80 Schulklassen haben unser Projekt in den letzten 4 Jahren kennen gelernt, sind auf Bäume geklettert, haben gesehen, gefühlt, gelauscht, geschnuppert und unsere Wollschweine gefüttert
- Naturschutz: Wir wurden Teil der „Natura 2000 (FFH)“ und haben ebenfalls die Beachtung des § 26 SächNatSchGe durchgesetzt
- Öffentlichkeitsarbeit: Jährliche Veranstaltungen wie z.B. „Tag der offenen Tür“, UNESCO- Aktionstage, etc.
- Medienpräsenz: „Heute“ Nachrichten des ZDF, 3Sat, Zahlreiche Zeitungsartikel wie z.B. im Rolling Stone's Magazin, Oya, Badische Zeitung, OAZ, Mitteldeutsche Zeitung, Radio MDR Sachsen, selbst-gestaltete Website : www.drachenmuehle.de
- Biomeiler: Wir haben insgesamt drei Biomeiler gebaut, bei welchen der aerobe Abbau organischen Materials durch Mikroorganismen Wasser erhitzt
- Permakultur: Von Anfang an wurde unser Garten nachhaltig mit lokalen Ressourcen bewirtschaftet und Interessenten die Grundlagen der Permakultur nahe gebracht
- Kräuterkunde: Unser Wissen über Kräuter, Kultur- und Wildpflanzen ist in den letzten 10 Jahren beträchtlich gewachsen und wurde im Alltag und in Seminaren an viele Kräuterfreunde weiter gegeben.
- Ökologisches Bauen: Ausbau und Erhalt der alten Gebäude mit ökologischen Baumaterialien wie z.B. Steinen, Lehm, Schilfmatten, Ökofarben und Pigmenten
Für dieses Engagement wurden wir sowohl 2009/10 als auch 2011/12 von der Unesco (UN) als Welt-Dekade Projekt für „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ ausgezeichnet. Unser Umweltbildungsprojekt für Kinder, mit dem Namen „Drachenstark“, wurde 2011 für die „Ideen Initiative Zukunft“ ausgezeichnet.
Unsere Besucher kamen aus vielen Ländern wie beispielsweise Frankreich, Spanien, Italien, England, Holland, Polen, Israel, Kanada, Australien und Kolumbien. Der Austausch von Ideen und Erfahrungen im gemeinsamen Alltag war uns stets wichtig. Somit wurde die Drachenmühle Teil eines weltweiten Netzwerks unkommerzieller, nachhaltiger und ökologischer Lebens-Oasen. Wir wissen, dass wir viele inspirieren und ermuntern konnten ihre Lebensweise positiv zu reflexionieren und einen tieferen Zugang zu sich und der Natur zu finden. Mögen daraus weitere Projekte im Sinne der Nachhaltigkeit gestaltet werden.
Wir möchten abschließend ein riesiges Dankeschön an alle Freunde, Helfer, guten Geister und Drachenmühlenbegeisterte aussprechen. Besondere Dankbarkeit gilt den Handwerkern auf der Walz. Wir bedanken uns herzlich bei den Nachbarn, der Gemeinde und all dehnen die uns jahrelang begleitet und unterstützt haben. Vielen vielen Dank an alle die mit uns musiziert, jongliert, getanzt, gesungen, ums Feuer gesessen und geredet haben. All denen die uns Mut zu gesprochen haben, uns tatkräftig unterstützt oder mit Spenden weiter geholfen haben. Zu guter Letzt, ein strahlendes Dankeschön an all die frohen Kindern die hier ebenso viel Spaß hatten wie wir.
Der Drache geht, die Mühle bleibt! Egal wo wir sind, wir werden unser Lebensprojekt fortsetzen, weiterhin Wildkräuter essen, Biomeiler bauen und dies alles mit Freunden teilen. Wir möchten euch auch weiterhin positiv dazu inspirieren, achtsamer mit unser aller Lebensgrundlage, der Erde umzugehen. Wir haben nämlich nur diese eine.

Eure Familie Schembritzki

Donnerstag, 3. Mai 2012

03.05.2012 / OAZ / DLF auf der Naturinsel


03.05.2012 · 11:35 Uhr
Christian Schembritzki mit einem seiner 16 kleinen Wollschweine. (Bild: Deutschlandradio) Christian Schembritzki mit einem seiner 16 kleinen Wollschweine. (Bild: Deutschlandradio)

Unabhängigkeitserklärung

Serie Umsteigerland über eine Familie, die sich selbst mit Energie versorgt

Von Sina Fröhndrich

Heizen mit Öl oder Gas, Atom- oder Kohlestrom - für die Schembritzkis aus Sachsen kommt das nicht in Frage. Sie haben nicht nur zu einem Ökostromanbieter gewechselt, sondern versuchen, auf ihrem Hof noch ganz andere Energiequellen zu nutzen.
Wild strampelnd versucht sich das rothaarige Ferkel aus den Armen von Christian Schembritzki zu befreien. Der nimmt es dicht an seine Brust.

"Jetzt ist's ganz lieb."

Christian Schembritzki steht in einem kleinen Gehege. Unter seinem Filzhut schauen die kinnlangen Haare hervor. Seine Wollschweine haben gerade Nachwuchs bekommen. Das Gehege - nur ein Teil der Naturinsel Drachenmühle. So nennt Schembritzki sein Zuhause in Schweta in Nordsachsen. Eine stillgelegte, renovierte Wassermühle mit Gemüsegarten, Schaf und Hühnern. Hier lebt der 36-Jährige mit seiner Frau und drei Kindern. Sie sind - soweit es geht - Selbstversorger. Deshalb ist Christian Schembritzki vor Jahren aus dem Schwarzwald nach Sachsen gekommen.

"Vielleicht um so einen Lebenswandel zu bekommen, ist es wichtig, aus dem Wohlstand zu kommen, ich komme aus dem Wohlstand, mir ging es sehr gut in meiner Kindheit, wir hatten Fernseher und immer zu essen; ich hab das in meiner Pubertät abgelehnt, und dadurch bin ich immer mehr zurück zur Natur."

Nach seinem Zivildienst ist Christian Schembritzki durch die Welt gereist, durch Indien, Äthiopien. Diese Erfahrung hat ihn verändert, zum Umsteiger gemacht. Er will sich unabhängig versorgen.

Hinter dem Haus im Garten. Melanie Schembritzki und die 15 Monate alte Tochter spielen auf einer Decke. Daneben: eingezäunte, aufgeschichtete Holzschnitzel, etwa zweieinhalb Meter hoch. Der Biomeiler. Damit bekommen die Schembritzkis warmes Wasser im Garten zu jeder Jahreszeit. Feuer brauchen sie dazu nicht.

"Wenn dieses Holzgehäcksel, was man hier sieht, wenn man das übereinander schichtet und wässert den noch, entsteht Wärme, durch effektive Mikroorganismen zersetzt sich das Holz und wird dann zu Humus und der zersetzt sich dann, die gesamte Zersetzungswärme kann man nutzen."

Bis zu 60 Grad Celsius entstehen im Biomeiler. Mitten durch die Holzschnitzel ist ein Schlauch verlegt, durch den Wasser fließt und das so erwärmt wird.

Das Wasser pumpt Christian Schembritzki aus einem Bach, der auf dem Grundstück liegt. Es läuft in ein kleines schwarzes Becken. Hier wäscht sich die Familie. Für den Notfall hat sie ein Badezimmer im Haus. Den Strom für die Wasserpumpe produzieren die Schembritzkis nicht selbst - sie bezahlen dafür, wie andere auch. Ganz unabhängig von konventionellen Energieversorgern sind sie also nicht. Aber die Familie betont: Wir beziehen Ökostrom.

"Wir wollen keinen Atomstrom, ich will auch keinen Meiler neben mir, und so die Frage nicht geklärt, wohin mit dem Restmüll, sollten wir so verantwortungsvoll sein und das nicht nutzen."

Die Schembritzkis leben also nicht zu 100 Prozent autark: Sie kaufen zudem Bioprodukte in Supermärkten und fahren mit dem Auto. Geld verdienen sie mit Umweltbildung für Kinder und durch Gäste, die immer mal wieder hierher kommen. Trotzdem sind die Schembritzkis anders. Ihr Selbstversorgerleben kostet Überwindung. Und vor allem viel Zeit. Kein Modell, das sich auf Berufstätige übertragen lässt. Familienvater Christian betont: "Wir sind pragmatisch, nicht dogmatisch."

"Wir können uns alle Mühe geben, jeder das, was er kann, gemeinsam kann man das gut schaffen."

"Wir hatten einmal auch drei Mädchen hier, und das eine sagte: Ach, so will ich auch leben."

Wenige Schritte neben dem Biomeiler: Umringt von dichten Weidensträuchern steht eine Art Hochstand aus Holz. Die Toilette. Ohne Spülung. Statt Wasser: Sägespäne.

"Aus einem Kilo Scheiße werden 50 Gramm guter Humus eigentlich. Und die einzigste Regel, die man mit Scheiße nicht macht, ist mit Wasser zu mischen."


Die Familie möchte verantwortungsvoll mit der Natur umgehen. Christian Schembritzki deutet auf einen Wald neben seinem Garten. Dahinter wird Mais angebaut, sagt er. Um Biogasanlagen zu betreiben. Seiner Meinung nach ein falsches Instrument auf dem Weg zur Energiewende.

"Die Biogasanlage ist eigentlich Quatsch, hier könnte man Gemüse anbauen, die Zwiebeln kommen aus Ägypten, was weiß ich woher, das ist doch völlig unnötig."

Zurück in ihr altes Leben - das können sich die Schembritzkis nicht vorstellen. Sie leben in ihrer Mühle ihre eigene Energiewende.

"Meine Eltern sagen auch immer, Christian, mach's besser, und joah, das versuche ich jetzt."